Die Familie Schnadt aus Hattingen / Ruhr

Vorwort

Das Verdienst, die Hattinger Schnadts erforscht zu haben, gebührt Dr. Hans Robert Schnadt. Seine Aufzeichnungen enthalten meist den nebenstehenden Stempel.

1933 stellte er einen Stammbaum seiner Familie auf. Eine vergilbte Lichtpause davon erhielt ich 1995 aus dem Nachlass eines Iserlohner Schnadt. Dr. Hans Robert Schnadt ist inzwischen verstorben. Ich habe ihn leider nicht kennengelernt. Seine Witwe, Frau Christa Schnadt-Moschel hat mir freundlicherweise, den zum großen Teil noch vorhandenen Nachweis von Auszügen aus den Kirchenbüchern zur Auswertung zur Verfügung gestellt. Die Originale befinden sich nun bei Christian Schnadt in Köln.

Stempel Familienarchiv Schnadt

Der Ursprung der Familie

Am 14. Februar 1725 taucht im Kirchenbuch der reformierten Gemeinde Hattingen mit Johann Henrich Schnadt erstmals der Name Schnadt auf (die Schreibweise der Namen war damals noch sehr unterschiedlich auch "Schnad" oder "Schnathe"). Johann Henrich heiratete am 18. Januar 1751 Catharina Elisabetha Gaalen.

Ob Johann Henrich der "Urvater" der Hattinger Schnadts ist, läßt sich nicht ganz genau sagen, es ist aber zu vermuten. Neun Monate nach der Hochzeit Schnadt/Gaalen wird Johann Wilhelm Schnadt geboren, vermutlich ein Sohn des Ehepaares. Danach werden die Angaben im Kirchenbuch sicherer.

Hattingen liegt südlich von Bochum an der Ruhr, einem Fluß, der dem davon nördlich gelegenen Kohlenrevier den Namen "Ruhrgebiet" gegeben hat. 

Bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts finden sich Nachkommen von Johann Henrich noch weitgehend in der Umgebung von Bochum. Die Familien wohnen in Weitmar, Riemke, Eppendorfer Heide oder Wattenscheid und finden sich dort regelmäßig in den Kirchenbüchern. Viele Familienväter arbeiten im Bergbau.

Heute sind die Nachkommen in Deutschland, Luxemburg und in der Schweiz zu finden.


Philippe M. Schnadt, Zug (Schweiz)  

* 1941 + 2009

 
Auszug aus dem Artikel: "Kleine Stadt macht große Kasse"
im Geo-Heft 12 / 1993 Seite 139

Viele Gesellschaften, die in Zug ihren Hauptsitz haben, weisen nur das in der Schweiz für eine Firmengründung erforderliche Mindesteigenkapital von 100 000 Franken aus. Üblicherweise werden sie von einem einzigen Verwaltungsrat, einem Anwalt geleitet. Welche Geschäfte die Firma betreibt oder darüber sprechen, womöglich mit einem Journalisten gesehen zu werden?

Erst nach ungezählten Versuchen ist einer bereit, mich zu treffen. Wir verabreden uns in einem Restaurant in der Altstadt und so lernte ich Philippe H. M. Schnadt  kennen. 1941 in Brüssel geboren. Schnadt spricht Englisch, Französisch Italienisch, Deutsch und selbst den Luxemburger Dialekt Letzeburgisch so gut, als wäre er in 5 Ländern gleichzeitig aufgewachsen.

Auch Philippe H.M. Schnadt gehört zu den Schweigenden, das heißt: Er redet, sagt aber nichts. Dennoch wird mir schon nach wenigen Augenblicken, in denen ich ihm zuhöre, klar: Er ist nicht der Mann, der einen Franken ausgibt, ohne zwei zurückzubekommen. Sein erster Satz: "Ich fühle mich hier wohl, ich bin zwar in ganz Europa zu Hause, aber jeder braucht seinen Heimathafen. Das Schicksal hat mich nach Zug gebracht. Vor 42 Jahren".

Seit dem Frühen Morgen hatte er mit Managern aus Italien und Deutschland konferiert; es sei um den Zusammenschluß zweier Multis gegangen, die in Venedig eine neue Firma gründen wollten. Mehr verrät er nicht, nippt am Bier und sagt: "Das müssen Sie verstehen". Er verrät auch nicht, wie viele Verwaltungsratsitze er inne hat. "Reden wir über Zug" fordert er stattdessen.
...

Philippe H.M. Schnadt

Das "Schnadt-Pendel"

Im Internet fand ich 1997 einen Vorbericht zu einem Vortrag anlässlich eines Kongresses in Orlando (Florida), der den Begriff des "Schnadt-Pendels" enthielt. Ich befragte hierzu Philippe M. Schnadt, der aus Luxemburg stammt, dessen Vorfahren aber in Hattingen lebten.

Der Pendel ist die Erfindung meines Vaters, Henri Schnadt (*1909 + 1973). Die Schweisstechnik wurde vor dem 2. Weltkrieg entwickelt und in besonderem Masse damals neu beim militärischen Material eingesetzt. Die Problematik bestand darin, dass man diese Technik nur schlecht beherrschte, zudem zusammengeschweisste Stahlkonstruktionen den Nachteil hatten, dass Rissbildungen durch die gesamte Konstruktion hinweg bis zum Bruch des Ganzen wanderten, dies im Gegensatz zu verschraubten oder vernieteten Konstruktionen (z.B. Schiffe, Brücken).

Dieser Pendel diente der physischen Materialprüfung. Man schnitt aus einem Stück Stahl eine Probe, 5,5 cm lang, je 1 cm hoch und breit, aus. Diese Probe wurde auf eine Basis gelegt. Der zugehörige Pendel schlug sodann durch Pendelbewegung mit Wucht auf diese Probe, um diese zu zerbrechen. Aus der Kombination der Aufschlaggeschwindigkeit des Pendels und seiner Bremswirkung beim Aufprall auf die Probe, wie auch aus deren Aussehen an den Bruchflächen, konnte man unter simulierten Bedingungen Rückschlüsse auf das Verhalten des Stahls, seine Elastizität und seine Qualität ziehen. Dies war damals die beste Methode, um anhand eines Laborversuchs Rückschlüsse betreffend die Verbesserung der Stahlqualitäten bei dessen Herstellung zu ermöglichen. [Anmerkung: ein Bild eines solchen Pendels nach der Lizenz von Henri Schnadt gebaut finden Sie unter http://www.tvfa.tuwien.ac.at/gbereich/index.werkstoffpruefung.html.

Heute haben Testmethoden, die das Material nicht mehr vernichten (z.B. Laser, Röntgen), die physischen Methoden verdrängt, zudem diese auch an gegebenen Fertigkonstruktionen vorgenommen werden können.

Eine der wesentlichen Erfindungen meines Vaters bestand in der Entwicklung der sogenannten Crack-Arrest-Schweissnaht, etwa zu deutsch Riss-Stopp-Schweissnaht. Diese Schweissnaht war imstande, Rissbildungen über die Schweisstelle hinweg zu stoppen. Erst damit konnten mit der Schweisstechnik neue und sichere Konstruktionen verwirklicht werden. Zudem hatte mein Vater den Unterschied zwischen gutmütigen und bösartigen Rissen im Stahl erarbeitet. Jedes Material hat Risse. Der wirtschaftliche Aspekt dieser Entwicklung bestand darin, nun nicht mehr jedes Material mit Rissen zurückweisen zu müssen, sondern nur dasjenige mit bösartigen. Damit konnte man vom Bestreben abweichen, nur perfektes Material verwenden zu müssen, um zur günstigeren Variante der genügenden Qualität greifen zu können.

Damit hatte mein Vater bei den Stahlwerken und Konstrukteuren grosser Stahlbauten ein enormes Interesse geweckt. Diese Leistungen, einerseits betreffend die Qualität der Stahle bei deren Herstellung, andererseits betreffend ihre Schweissbarkeit in der praktischen Anwendung, haben ihn berühmt gemacht.

So waren es auch die luxemburgischen Stahlwerke (damals Hadir und Arbed) wie auch der Verband der Ingenieure in Luxemburg, die sich dafür eingesetzt haben, dass die Stadt Luxemburg ihm in einem neuen Stadtteil eine neue Strasse gewidmet hat. In der "rue Henri Schnadt" gibt u.a. ein grosses Hotel und Kongresszentrum.

10.05.1997


Stand: 06. Januar 2010