Die Familie Schnadt aus Iserlohn

Die Grosseltern


Mein Urgroßvater Heinrich Schnadt, ein Enkel des oben erwähnten Johann Dietrich Schnath, wurde am 26.06.1830 als zweites Kind des Hermann Heinrich Schnadt und der Maria Katharina Gerlinghaus in Iserlohn geboren und am 04.07.1830 in der Obersten Stadtkirche getauft. Er hat eine ältere, drei jüngere Schwestern und zwei Brüder gehabt. Mein Urgroßvater ist selbständiger Metzgermeister gewesen, hatte aus nicht mehr zu klärenden Ursachen sein rechtes Augenlicht verloren und mußte wohl deshalb seinen Beruf aufgeben. Er wurde Viehhändler und erwarb als solcher das Vertrauen seiner Geschäftspartner.

Als er zum ersten Mal heiratete war er schon älter als 30 Jahre. Seine erste Frau war Mina Crämer aus Opherdicke, Lappenmühle, die ihm einen Sohn und eine Tochter geboren hat. Sie ist am 05.06.1867 im Kindbett bei der Geburt des dritten Kindes gestorben. Die zweite Frau, die er etwa im Jahre 1868 heiratete, ist nach kurzer kinderloser Ehe gestorben. Es soll die Tochter eines Gendarms Homann aus Wernholzen (Kr. Meschede) gewesen sein.

Heinrich Schnadt mit Ehefrau Karoline geb. Wiemann

Karoline Wiemann und Heinrich Schnadt

Am 29.09.1872 heiratete er in der Obersten Stadtkirche in Iserlohn seine dritte Frau, Wilhelmine Karoline Wiemann aus Landhausen, mit der er 1922 im Kreise der Familie Goldene Hochzeit feiern konnte. Das Ehepaar Karoline und Heinrich Schnadt hatten neun Kinder , acht Jungen und ein Mädchen. Aus dem Leben meines Urgroßvaters weiß ich nicht viel. Er soll ein gütiger, wahrheitsliebender und freisinniger Mensch gewesen sein, bei dem noch das Wort und der Handschlag etwas galt, der von seinen Kindern verehrt wurde, der aber auch gern sah, wenn seine Kinder um ihn waren. 

Zu Weihnachten schenkten seine (erwachsenen) Kinder ihm Zigarren, die er in einem kleinen Wandschränkchen im Schlafzimmer verschlossen hielt und es war eine Auszeichnung, wenn eines seiner Söhne von ihm wiederum eine Zigarre erhielt oder wenn die Enkel aus dem Schränkchen ein Bonbon erhielten. 

Schon das Öffnen des Schränkchens war eine heilige Handlung. In einem "Flachmann" auf dem Küchenschrank hatte er immer einen "Ort"  Korn (etwa 1/8 l), aus dem er sich täglich einen Schluck "genehmigte".

In seinen 90. Lebensjahr stürzte er eine Treppenstufe hinunter und erlitt dabei einen Beckenbruch. Er weigerte sich in ein Krankenhaus zu gehen - , "...da bin ich in meinem Leben noch nie gewesen" - und meinte, daß einer seiner Söhne mit Sicherheit eine Apparatur basteln könne, die zur Heilung notwendig sei. Sein Sohn August konstruierte solch ein Gerät und nach einiger Zeit war der Beckenbruch geheilt - allerdings unter Verkürzung des Beines um 5 cm. Aber Heinrich Schnadt konnte wieder mit Hilfe eines Stockes gehen. Der Fall soll in einer medizinischen Zeitschrift veröffentlicht worden sein. Bis zu seinem Tode war mein Urgroßvater geistig frisch. Er kannte viel Liedertexte und deklamierte lange Gedichte, die er in der Schule gelernt hatte.
95-jährig starb er am 25.September 1925 im Kreise seiner Familie.

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Oberste Stadtkirche in Iserlohn

Oberste Stadtkirche Iserlohn

Mein Grossvater, Ernst August Schnadt wurde am 21.Februar 1880 als sechstes Kind des Metzgermeisters Heinrich Schnadt und als viertes Kind seiner Mutter Mina Wiemann in Iserlohn geboren und am 07. März 1880 in der Obersten Stadtkirche getauft. Er hatte zwei Stiefgeschwister und acht Blutsgeschwister. 

Schon im Knabenalter mußte er in der kleinen Landwirtschaft und im Schlachthof mitarbeiten. Es war eine schwere Arbeit. Die Wiesen und Weiden lagen auf den Ruhrwiesen bei Schwerte und Langschede. Die Äcker in den Randbezirken von Iserlohn Bremke und Gerlingsen. Er war schon oft ermüdet, wenn er in die Schule mußte; manchmal schlief er im Unterricht ein und bekam dafür Prügel. Nach vier Jahren Volksschule wechselte er zur Mittelschule, die in etwa der heutigen Realschule entsprach. 

Nach Abgang von der Mittelschule erlernte er das Werkzeugschlosserhandwerk bei der weltbekannten Kaffeemühlenfabrik Kissing & Möllmann. Nach bestandener Lehre wechselte er zur Herd- und Ofenbeschlagfirma Wwe. Wilhelm von Hagen. Da übernahm er die Schlosserei und im 1. Weltkrieg auch die Presserei, im 24-Stunden-Betrieb. Die Firma stellte nun Geschützhülsen her, daher wurde Grossvater vom Kriegsdienst freigestellt - . Nachts wurde er häufig geweckt, weil die Dampfmaschine leckte.

 

Ein Versuch, zusammen mit Alfred von Hagen, Kommanditist und Neffe des Seniorchefs, eine eigene Firma für Herd- und Ofenbeschläge bei Olsberg, an der oberen Ruhr, zu gründen, schlug fehl. Alfred von Hagen stieg in eine kleine Firma ein, von Hagen & Grennigloh, in der Grossvater den Posten eines Betriebsleiters übernahm. Im 73. Lebensjahr - am 30.September 1953 - schied Grossvater aus der Firma aus, die ihm viel verdankte. 

 

Auguste und August Schnadt mit Sohn Walter
August + Auguste Schnadt mit Sohn Walter

Während mein Grossvater sich in seiner Jugend dem Iserlohner Turnverein angeschlossen hatte und sich auch an Turnwettkämpfen beteiligte, wechselte er Anfang des Jahrhunderts zum Brieftaubensport. Grossvater hatte auf dem Dachboden in der Bachstraße 8 einen Taubenschlag. Mit seinen Tieren holte er viele Preise. Wenn Wettflüge waren, standen die Kontrolluhren beim Wirt Emil Rankel an der Oberen Mühle 8. Die Obergrüner Taubenfreunde hatten Staffeln von guten Läufern gebildet, die dann noch einige Minuten herausschinden sollten. Grossvater war eine Zeitlang Vorsitzender des Brieftaubenvereins 'Courier' und der Iserlohner Reisevereinigung. 1914 mußten die Brieftauben "Soldat" werden. Onkel Fritz, der ältere Bruder von Großvater, hatte im Krieg als Brieftaubenmeister einen mobilen Schlag und war später Grossvaters Nachfolger als Vorsitzender des Vereins und der Reisevereinigung.

Nach dem Krieg ließen es die wohnlichen und persönlichen Verhältnisse nicht mehr zu, eine neue Zucht auszubauen. Dafür wurden nun ab 1917 an der Oberen Mühle Hühner gezüchtet. Großvater wurde Mitglied des Iserlohner Geflügelzuchtvereins, beschickte Ausstellungen und besuchte interessiert die Vereinsversammlungen. 1950 wurde ihm vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Silberne Ehrennadel verliehen.
 

August Schnadt im Schützenumzug  

August Schnadt  im Schützenumzug (x)

Ein anderer Verein war aus seinem Leben nicht fortzudenken: Der Iserlohner Bürgerschützenverein (IBSV). 

Ein Iserlohner Junge mußte mit 18 Jahren Mitglied dieses Vereins werden und Großvater fühlte sich als Iserlohner Junge. Als Mitglied der Schießkompagnie errang er viele Medaillen, die bronzene, die silberne und die goldene Schießauszeichung und im hohen Alter sogar die Vereinsmeisterschaft. 

Es sei erwähnt, daß auch Großvaters Brüder gut schossen. Mein Vater erinnert sich, daß im Jahre 1937 die "Schnadts" von 20 zu vergebenen Medaillen allein 12 Stück holten.

 

Von den Geschwistern von August Schnadt ist nicht allzu viel bekannt. Der Bruder Otto hat vermutlich auch eine Werkzeugmacherlehre gemacht. Seine spätere Frau Johanna war Dienstmädchen bei einem Kohlenhändler Hillebrand oder Hildebrand am Grüner Weg. Dort hatte das junge Paar zunächst auch eine Mansardenwohnung. Dieses Kohlengeschäft hat Otto Schnadt später übernommen. Wann und unter welchen Umständen dies geschah, ist nicht bekannt. Kohlenhandlung Otto Schnadt

Fritz Schnadt in Spandau

Fritz Schnadt

Vom Bruder Fritz Schnadt ist das Meiste bekannt. Das lag sicherlich auch daran, dass August und Fritz zwei Schwestern, nämlich Auguste und Lina Höttler geheiratet hatten. Er ist etwa 1887 bei Kissing & Möllmann, der damals weltbekannten Fabrik für Kaffemühlen, in die Lehre gegangen. Seinen Wehrdienst leistete er im Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 in Spandau ab. In seinem Nachlass fand sich ein Bild mit der Parade zu Ehren von Kaiser Wilhelm II in Berlin, Unter den Linden, an der teilgenommen hatte. Danach arbeitete er wieder bei Kissing & Möllmann als Werkmeister. Ende der Dreissiger Jahre feierte er dort sein 50-jähriges Betriebsjubiläum.

Fritz Schnadt heiratete am 19. Oktober 1901  Lina Höttler. Das Ehepaar wohnte zunächst im letzten Haus in der Altstadt, dann bei Metzger Brinkmann, Hardtstrasse 12, und zuletzt in der Hardtstrasse 29. 

 

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Parade Unter den Linden in Berlin


Iserlohn, Hardtstrasse 15

Iserlohn Hardtstrasse 15

Iserlohn, Hardtstrasse 15  (Aufnahmedatum ca. 1910)


In der Nachbarschaft von Fritz und Lina Schnadt, in der Hardtstrasse Nr. 15, wohnte Anna Höttler, später verheiratete Emde, eine Schwester von Lina Höttler und meiner Grossmutter. Die Familie hockte eng aufeinander. Das Haus Nr. 15 war nach Erinnerungen aus meinen Kindheitstagen ein kleines geducktes Haus. Wie die Familie Höttler in diesen kleinen Räumen leben und schlafen konnte, ist mir heute noch unbegreiflich, besonders, wenn man bedenkt, daß oben zwei Räume an Frau Louise Guthmann und ihren erwachsenen Sohn vermietet waren. 
Frau Guthmann ist von dem Maler Paul Hermann Schödder gemalt worden. Das Bild "Frau aus dem Sauerland" (s.rechts) hat Fritz Kühn in seinem Buch "Liebes altes Iserlohn" auf Seite 283 veröffentlicht. Auf dem Familienfoto der Familie Höttler ist sie links in der Tür des Hauses Hardtstrasse 15 zu sehen. Das Haus wurde später im Zuge der "sogenannten" Stadtsanierung abgerissen.

Frau Guthmann als Alte Frau aus dem Sauerland


Stand: 7. Dezember 2002