Die Familie Schnadt aus Iserlohn
Als er zum ersten Mal heiratete war er schon älter als 30 Jahre.
Seine erste Frau war Mina Crämer aus Opherdicke, Lappenmühle,
die ihm einen Sohn und eine Tochter geboren hat. Sie ist am 05.06.1867
im Kindbett bei der Geburt des dritten Kindes gestorben. Die zweite Frau,
die er etwa im Jahre 1868 heiratete, ist nach kurzer kinderloser Ehe gestorben.
Es soll die Tochter eines Gendarms Homann aus Wernholzen (Kr. Meschede)
gewesen sein.
Karoline Wiemann und Heinrich Schnadt |
Am 29.09.1872 heiratete er in der Obersten Stadtkirche in Iserlohn seine dritte Frau, Wilhelmine Karoline Wiemann aus Landhausen, mit der er 1922 im Kreise der Familie Goldene Hochzeit feiern konnte. Das Ehepaar Karoline und Heinrich Schnadt hatten neun Kinder , acht Jungen und ein Mädchen. Aus dem Leben meines Urgroßvaters weiß ich nicht viel. Er soll ein gütiger, wahrheitsliebender und freisinniger Mensch gewesen sein, bei dem noch das Wort und der Handschlag etwas galt, der von seinen Kindern verehrt wurde, der aber auch gern sah, wenn seine Kinder um ihn waren. Zu Weihnachten schenkten seine (erwachsenen) Kinder ihm Zigarren, die er in einem kleinen Wandschränkchen im Schlafzimmer verschlossen hielt und es war eine Auszeichnung, wenn eines seiner Söhne von ihm wiederum eine Zigarre erhielt oder wenn die Enkel aus dem Schränkchen ein Bonbon erhielten. |
Schon das Öffnen des Schränkchens war eine heilige Handlung. In einem "Flachmann" auf dem Küchenschrank hatte er immer einen "Ort" Korn (etwa 1/8 l), aus dem er sich täglich einen Schluck "genehmigte".
In seinen 90. Lebensjahr stürzte er eine Treppenstufe hinunter
und erlitt dabei einen Beckenbruch. Er weigerte sich in ein Krankenhaus
zu gehen - , "...da bin ich in meinem Leben noch nie gewesen" - und meinte,
daß einer seiner Söhne mit Sicherheit eine Apparatur basteln
könne, die zur Heilung notwendig sei. Sein Sohn August konstruierte
solch ein Gerät und nach einiger Zeit war der Beckenbruch geheilt
- allerdings unter Verkürzung des Beines um 5 cm. Aber Heinrich Schnadt
konnte wieder mit Hilfe eines Stockes gehen. Der Fall soll in einer medizinischen
Zeitschrift veröffentlicht worden sein. Bis zu seinem Tode war mein
Urgroßvater geistig frisch. Er kannte viel Liedertexte und deklamierte
lange Gedichte, die er in der Schule gelernt hatte.
95-jährig starb er am 25.September 1925 im Kreise seiner Familie.
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Oberste Stadtkirche Iserlohn |
Mein Grossvater, Ernst August Schnadt
wurde am 21.Februar 1880 als sechstes Kind des Metzgermeisters Heinrich
Schnadt und als viertes Kind seiner Mutter Mina Wiemann in Iserlohn geboren
und am 07. März 1880 in der Obersten Stadtkirche getauft. Er hatte
zwei Stiefgeschwister und acht Blutsgeschwister.
Schon im Knabenalter mußte er in der kleinen Landwirtschaft und im Schlachthof mitarbeiten. Es war eine schwere Arbeit. Die Wiesen und Weiden lagen auf den Ruhrwiesen bei Schwerte und Langschede. Die Äcker in den Randbezirken von Iserlohn Bremke und Gerlingsen. Er war schon oft ermüdet, wenn er in die Schule mußte; manchmal schlief er im Unterricht ein und bekam dafür Prügel. Nach vier Jahren Volksschule wechselte er zur Mittelschule, die in etwa der heutigen Realschule entsprach. Nach Abgang von der Mittelschule erlernte er das Werkzeugschlosserhandwerk bei der weltbekannten Kaffeemühlenfabrik Kissing & Möllmann. Nach bestandener Lehre wechselte er zur Herd- und Ofenbeschlagfirma Wwe. Wilhelm von Hagen. Da übernahm er die Schlosserei und im 1. Weltkrieg auch die Presserei, im 24-Stunden-Betrieb. Die Firma stellte nun Geschützhülsen her, daher wurde Grossvater vom Kriegsdienst freigestellt - . Nachts wurde er häufig geweckt, weil die Dampfmaschine leckte.
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Ein Versuch, zusammen mit Alfred von Hagen, Kommanditist und Neffe des
Seniorchefs, eine eigene Firma für Herd- und Ofenbeschläge bei
Olsberg, an der oberen Ruhr, zu gründen, schlug fehl. Alfred von Hagen
stieg in eine kleine Firma ein, von Hagen & Grennigloh, in der Grossvater
den Posten eines Betriebsleiters übernahm. Im 73. Lebensjahr - am
30.September 1953 - schied Grossvater aus der Firma aus, die ihm viel verdankte.
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Während mein Grossvater sich in seiner Jugend dem Iserlohner Turnverein angeschlossen hatte und sich auch an Turnwettkämpfen beteiligte, wechselte er Anfang des Jahrhunderts zum Brieftaubensport. Grossvater hatte auf dem Dachboden in der Bachstraße 8 einen Taubenschlag. Mit seinen Tieren holte er viele Preise. Wenn Wettflüge waren, standen die Kontrolluhren beim Wirt Emil Rankel an der Oberen Mühle 8. Die Obergrüner Taubenfreunde hatten Staffeln von guten Läufern gebildet, die dann noch einige Minuten herausschinden sollten. Grossvater war eine Zeitlang Vorsitzender des Brieftaubenvereins 'Courier' und der Iserlohner Reisevereinigung. 1914 mußten die Brieftauben "Soldat" werden. Onkel Fritz, der ältere Bruder von Großvater, hatte im Krieg als Brieftaubenmeister einen mobilen Schlag und war später Grossvaters Nachfolger als Vorsitzender des Vereins und der Reisevereinigung.
Nach dem Krieg ließen es die wohnlichen und persönlichen
Verhältnisse nicht mehr zu, eine neue Zucht auszubauen. Dafür
wurden nun ab 1917 an der Oberen Mühle Hühner gezüchtet.
Großvater wurde Mitglied des Iserlohner Geflügelzuchtvereins,
beschickte Ausstellungen und besuchte interessiert die Vereinsversammlungen.
1950 wurde ihm vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Silberne Ehrennadel
verliehen.
August Schnadt im Schützenumzug (x) |
Ein anderer Verein war aus seinem
Leben nicht fortzudenken: Der Iserlohner Bürgerschützenverein
(IBSV).
Ein Iserlohner Junge mußte mit 18 Jahren Mitglied dieses Vereins werden und Großvater fühlte sich als Iserlohner Junge. Als Mitglied der Schießkompagnie errang er viele Medaillen, die bronzene, die silberne und die goldene Schießauszeichung und im hohen Alter sogar die Vereinsmeisterschaft. Es sei erwähnt, daß auch Großvaters Brüder gut schossen. Mein Vater erinnert sich, daß im Jahre 1937 die "Schnadts" von 20 zu vergebenen Medaillen allein 12 Stück holten.
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Von den Geschwistern von August Schnadt ist nicht allzu viel bekannt. Der Bruder Otto hat vermutlich auch eine Werkzeugmacherlehre gemacht. Seine spätere Frau Johanna war Dienstmädchen bei einem Kohlenhändler Hillebrand oder Hildebrand am Grüner Weg. Dort hatte das junge Paar zunächst auch eine Mansardenwohnung. Dieses Kohlengeschäft hat Otto Schnadt später übernommen. Wann und unter welchen Umständen dies geschah, ist nicht bekannt. |
Fritz Schnadt |
Vom Bruder Fritz Schnadt ist
das Meiste bekannt. Das lag sicherlich auch daran, dass August und Fritz
zwei Schwestern, nämlich Auguste und Lina Höttler geheiratet
hatten. Er ist etwa 1887 bei Kissing & Möllmann, der damals weltbekannten
Fabrik für Kaffemühlen, in die Lehre gegangen. Seinen Wehrdienst
leistete er im Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 in Spandau
ab. In seinem Nachlass fand sich ein Bild mit der Parade zu Ehren von Kaiser
Wilhelm II in Berlin, Unter den Linden, an der teilgenommen hatte. Danach
arbeitete er wieder bei Kissing & Möllmann als Werkmeister. Ende
der Dreissiger Jahre feierte er dort sein 50-jähriges Betriebsjubiläum.
Fritz Schnadt heiratete am 19. Oktober 1901 Lina Höttler. Das Ehepaar wohnte zunächst im letzten Haus in der Altstadt, dann bei Metzger Brinkmann, Hardtstrasse 12, und zuletzt in der Hardtstrasse 29.
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Iserlohn, Hardtstrasse 15 (Aufnahmedatum ca. 1910) |
In der Nachbarschaft von Fritz und Lina Schnadt, in der Hardtstrasse Nr. 15, wohnte Anna Höttler, später verheiratete Emde, eine Schwester von Lina Höttler und meiner Grossmutter. Die Familie hockte eng aufeinander. Das Haus Nr. 15 war nach Erinnerungen aus meinen Kindheitstagen ein kleines geducktes Haus. Wie die Familie Höttler in diesen kleinen Räumen leben und schlafen konnte, ist mir heute noch unbegreiflich, besonders, wenn man bedenkt, daß oben zwei Räume an Frau Louise Guthmann und ihren erwachsenen Sohn vermietet waren. |
Frau Guthmann ist von dem Maler Paul Hermann Schödder gemalt worden. Das Bild "Frau aus dem Sauerland" (s.rechts) hat Fritz Kühn in seinem Buch "Liebes altes Iserlohn" auf Seite 283 veröffentlicht. Auf dem Familienfoto der Familie Höttler ist sie links in der Tür des Hauses Hardtstrasse 15 zu sehen. Das Haus wurde später im Zuge der "sogenannten" Stadtsanierung abgerissen. |
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