Die Familie Schnadt aus Iserlohn
Friedrich Kaiser und Ingenier Robert Schnadt
(aus "Die Nähnadel" von Friedrich Heß, 1926, Selbstverlag Emil Hanebeck)
Dem Anfang der eigentlichen mechanischen Ausgestaltung der Nadelerzeugung
folgte bald eine völlige Umwälzung durch die Erfindung weiterer
Maschinen. Schlossermeister Friedrich Kaiser in Iserlohn arbeitete
jahrelang mit Aufopferung seines ganzen Besitzes an einer Stampfmaschine,
die das Öhr selbstständig vorstanzte, wobei ihn sein Bruder,
Nadelmeister bei der Firma Witte, mit seiner Betriebserfahrung unterstützte.
1867 konnte dieses Unternehmen die ersten Stampfmaschinen aufstellen, mit
denen gute Erfolge erzielt werden konnten, da der Nadelmeister Kaiser mit
ihrer Bedienung vollkommen vertraut war. Schlimmer erging es seinem Bruder
mit den Maschinen, die er in den übrigen Fabriken aufstellte, wo sich
niemand auf ihre Wartung verstand. Hier wollte es nicht klappen. Kaiser
mußte statt der Bezahlung harte Vorwürfe einstecken, und sein
Bruder durfte ihm aus Gründen des Wettbewerbes nicht helfen. Kaiser
sah sich bereits vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, da er seine Erfindung
mit drückenden Bankdarlehen vollendet hatte, während wieder von
einem Fabrikanten gemeldet wird, daß er aus Ärger über
die Enttäuschung die Maschine in Stücke schlagen wollte. Da fand
sich ein tüchtiger Arbeiter namens Krämer , den man zum Schlosser
Kaiser schickte, um sich die Stampfmaschine in die Bestandteile zerlegen
und erklären zu lassen. Krämer schrieb und zeichnete sich "mit
echt westfälischer" Gründlichkeit jedes Teilchen genau auf und
es gelang ihm tatsächlich, die Maschine in Betrieb zu nehmen und Stampfer
für die übrigen Fabriken anzulernen. Nun war auch Schlosser Kaiser
gerettet, der mit seiner Erfindung den Grundstein zu der heute (Anm.: 1926)
berühmten Spezialfabrik für Nadelmaschinen gelegt hat.
Die erste Lochmaschine hat ein Bäuerlein
aus Garbeck erfunden, wo, wie wir wissen, besonders das Kopfschleifen als
Hausgewerbe betrieben wurde. Die Maschine, die der Iserlohner Mechaniker
Berner ausführte, zeitigte jedoch keine günstigen Ergebnisse.
Wieder trat Kaiser auf den Plan, wieder gab es mühevolle Jahre der
Versuche und Verbesserungen, bis ihm 1877 auch dieser Wurf gelang. Einige
Zahlen mögen hier die Bedeutung der Kaiser'schen Erfindungen beleuchten:
Ein geschickter Handstampfer brachte es auf 25.000 Nadeln, heute bedient
ein Arbeiter 4 bis 6 Maschinen mit einer Gesamtleistung von 300.000 Stück.
Ebenso sticht die Lochmaschine täglich 150.000 Öhre, statt etwa
20.000 bei der Handarbeit. Dabei sind die Erzeugnisse gleichmäßiger
und genauer. Es ist leicht zu verstehen, daß während der Laufzeit
der Kaiser'schen Patente alle Nadelfabriken der Welt gezwungen waren, die
Iserlohner Maschinen zu kaufen.
Und wie die Entwicklung nicht stillsteht, so ist es neuerdings den in den Spuren des Begründers weiterarbeitenden Nachfolgern Kaisers, seinem Schwiegersohn Paul Schnadt und besonders dessen Bruder Ing. Robert Schnadt als Konstrukteur gelungen, das Stampfen und Lochen in einer einzigen Maschine zu vereinigen, die die Leistungsfähigkeit von drei Stampf- und einer Lochmaschine besitzt. Da aber ein geschickter Arbeiter drei solche Maschinen bedient, so kann er dank dieser glänzenden Erfindung etwa 50 Heimarbeiter der alten Zeit ersetzen. |
Ing. Robert Schnadt (links) bei der Firma Staedle & Uhl, 1902 |
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